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Erfolg vor dem OLG Wien: österreichische Zuständigkeit bei Online-Coaching
19.08.2025
OLG Wien kippt Zuständigkeitsentscheidung: Deutsche AGB-Klauseln schützen nicht vor österreichischer Gerichtszuständigkeit
In einem aktuellen Verfahren vor dem Oberlandesgericht Wien konnte unsere Kanzlei einen wichtigen Etappensieg für unseren Mandanten erzielen. Der Rekurs gegen eine Klagszurückweisung des Landesgerichts Eisenstadt war erfolgreich – die Entscheidung wurde aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Prüfung zurückverwiesen.
Der Kern des Streits: Unser Mandant hatte mit einer deutschen Online-Coaching-Firma mehrere Verträge über digitale Beratungs- und Ausbildungsprogramme abgeschlossen. Nachdem er Zahlungen in Höhe von über 14.000 Euro geleistet hatte, stellte sich heraus, dass die Anbieterin nicht über die nach deutschem Fernunterrichtsschutzgesetz (dFernUSG) erforderliche staatliche Zulassung verfügte. Dies macht die Verträge – nach deutschem Recht – potenziell nichtig, was Rückzahlungsansprüche begründet.
Zuständigkeit: Österreich statt Deutschland?
Die Beklagte berief sich auf eine in ihren AGB enthaltene Klausel, wonach ausschließlich das deutsche Recht sowie der Gerichtsstand in Deutschland gelten sollen. Das Erstgericht folgte dieser Argumentation – zu Unrecht, wie das OLG Wien nun klargestellt hat.
Denn: Wenn deutsches Recht zur Anwendung kommt, dann gilt auch § 26 dFernUSG. Dieser sieht ausdrücklich vor, dass ausschließlich das Gericht am Wohnsitz des Teilnehmers zuständig ist – in unserem Fall also das Landesgericht Eisenstadt. Eine abweichende Gerichtsstandsvereinbarung ist nur unter strengen Bedingungen zulässig, die hier nicht erfüllt waren. Dies bestätigt auch eine aktuelle höchstgerichtliche Entscheidung des deutschen BGH (III ZR 109/24), auf die sich das OLG in seiner Argumentation stützt.
Warum das Urteil über den Einzelfall hinaus bedeutsam ist
Der Beschluss hat über den konkreten Fall hinaus große Relevanz: Immer mehr deutsche Anbieter verkaufen hochpreisige „Business-Coachings“ und Mentoring-Programme auch an österreichische Unternehmer:innen. Dabei wird oft versucht, durch AGB-Klauseln österreichische Gerichte auszuschließen – selbst dann, wenn das deutsche Fernunterrichtsgesetz auf die Verträge anwendbar ist und explizit eine andere Zuständigkeit vorschreibt.
Das OLG Wien macht nun deutlich: Wer deutsches Recht wählt, muss auch dessen Schutznormen akzeptieren – und kann sich nicht selektiv auf günstige Klauseln berufen. Der Schutzbereich des dFernUSG gilt laut BGH auch für Unternehmer, nicht nur für Verbraucher. Damit unterliegt eine Vielzahl dieser Coaching-Verträge der Pflicht zur behördlichen Zulassung – fehlt diese, droht Nichtigkeit.
Wie es weitergeht
Das Landesgericht Eisenstadt wird sich nun eingehend mit der Frage beschäftigen müssen, ob die Coaching-Programme tatsächlich unter das dFernUSG fallen – also ob es sich um Fernunterricht im rechtlichen Sinn handelt. Dafür sind unter anderem folgende Punkte entscheidend:
- Wurden systematisch Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt?
- Erfolgte die Vermittlung überwiegend räumlich getrennt (z. B. online)?
- Gab es eine Überwachung des Lernerfolgs?
Ich werde im weiteren Verfahren konsequent für die Rechte meines Mandanten eintreten und die Rückzahlung der geleisteten Beträge einfordern.
EXAKT – Das PULS 4-Magazin
01.06.2023 – Staffel 2 Episode 152
Abzocke-Alarm: Dubiose Online-Coaches
Im Interview mit dem Puls4-Magazin Exakt konnte ich ein paar der häufigen Probleme mit Online-Coachings darstellen. Neben den dort genannten Themen gibt es aber noch viele andere Punkte. Wenn Sie mit einem Coaching unzufrieden sind und Ihre Verbraucherrechte kennen wollen, nehmen Sie Kontakt mit meiner Kanzlei auf.
Schadenersatz wegen fehlerhafter Verhütungsspirale von Eurogine
15.10.2022
Bereits im Frühjar 2018 soll der spanische Hersteller Eurogine von Materialfehlern bei seiner hormonfreien Verhütungsspirale „Gold-T“ gewusst haben. Erst im Oktober 2019 veröffentlichte der Hersteller die Information.
Das zuständige Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) veröffentlichte erst im September 2020 eine diesbezügliche Warnung. In dieser Zeit kam es zu vermeidbaren Brüchen und bei manchen Frauen wurden sogar noch mangelhafte Spiralen neu eingesetzt.
In Österreich wurden ungefähr 28.000 dieser Spiralen verkauft. 68 Prozent davon sollen fehlerhaft gewesen sein. Das würde bedeuten, dass in etwa 19.000 Frauen durch das fehlerhafte Produkt gefährdet sind. Die Gefahr ist, dass die Spirale bricht. Danach kann es zu schwerwiegenden inneren Verletzungen kommen, auch weil es möglich ist, dass sich die gebrochene Spirale im Körper bewegt. Die Entfernung abgebrochener Teile kann ebenfalls einen schwierigen und aufwendigen Eingriff notwendig machen.
Österreichische Gerichte haben den Hersteller in einzelnen Fällen bereits zu Schadenersatz nach dem Produkthaftungsgesetz und Schmerzengeld verurteilt. Verbraucherschutzverbände und Verbraucheranwälte klagen nun neben dem Hersteller auch die Republik Österreich wegen der mangelhaften Warnung.
Sie sind betroffen? Nehmen Sie Kontakt mit meiner Kanzlei auf. Als Anwalt mit Spezialisierung im Verbraucherrecht kann ich sehr gut und rasch einschätzen, welche Ansprüche in Ihrem Fall erhoben werden sollten und wie wir diese am besten durchsetzen können.
Abmahnung wegen Google Fonts
27.7.2022
Seit kurzem werden in Österreich Kleinunternehmen oder mittelständische Unternehmen vermehrt wegen der Nutzung von Google WebFonts auf deren Webseite abgemahnt.
Diese Abmahnungen gehen auf deutsche Rechtssprechung des LG München zurück. In einer Serie von Abmahnungen eines Rechtsanwalts werden im Namen dessen Mandantin EUR 100 als Schadenersatz und Vertretungskosten von EUR 90 gefordert. Es sei beim Aufruf der Homepage ein Schaden durch die (behauptete) Weiterleitung der IP-Adresse der Besucherin auf Google Server in den USA.
Wie sollte auf den Anwaltsbrief reagiert werden?
1. Ablehnung der Ansprüche
- Die Gesamtforderung von EUR 190 kann aus mehreren rechtlichen Gründen abgelehnt werden. Schon der Schadenseintritt im Sinne des Art. 82 Abs 1 DSGVO (§ 29 DSG) kann bestritten werden. Der bewusste Aufruf einer Webseite kann als überwiegendes Mitverschulden verstanden werden. Der serielle Aufruf von Webseiten um Schadenersatzforderungen zu erhalten ist rechtsmissbräuchlich.
- Eine Schadensgeltendmachung durch Klage ist für die Gegenseite auch aus praktischen Gründen nicht besonders erfolgversprechend, weil die beklagte Partei in einem Zivilprozess auf die Einvernahme der geschädigten Partei zur Beschreibung des Schadens bestehen kann. Es ist fraglich, ob die geschädigte Person zum einen erscheint und zum anderen einen Schadenseintritt durch die Weitergabe ihrer IP-Adresse glaubwürdig beweisen kann.
- Die Kostenforderung von EUR 90 für ein Aufforderungsschreiben bei einem Schadensbetrag von EUR 100 ist jedenfalls überhöht. Laut Rechtsanwaltsraifgesetz ist dafür ein Honorar von EUR 16,56 (inkl 20 % USt) vorgesehen (TP 6+I)
2. Korrekte technische Umsetzung
Es sollte jedenfalls geprüft werden, ob eine Weitergabe der IP-Adresse im Rahmen der auf der Webseite verwendeten Schriftarten überhaupt erfolgt. Gegebenenfalls sollte die Möglichkeit genutzt werden, die Schriftart lokal auf dem eigenen Server bzw dem Webhosting-Server zu speichern oder andere Schriftarten zu verwenden, die nicht dynamisch auf US-Servern angeboten werden.
3. Beratung in Anspruch nehmen
Gute Beratung zur rechten Zeit erspart Kosten und Ärger. Kontaktieren Sie mich in meiner Rechtsanwaltskanzlei, um sich die rechtliche Sicherheit und Information zu holen, die Sie brauchen.